WM 1966 | Challenge 4-Star
Austragungsort: England
Finale: England 4:2 Deutschland
Material: Leder
Herstellungstechnik: handgenäht mit Ventil
Hersteller: Slazenger Limited, Challenge House, Croydon, Surrey, England
Besitzer/Standort: National Football Museum, Preston, England
Könnten Bälle doch reden! Der Ball des Endspiels von 1966, er hätte so viel zu erzählen. Heute, mehr als vierzig Jahre später, lernen die Bälle allmählich das Sprechen – mit eingebautem Computerchip. Alles wegen dieses einen Balls, Modell „Challenge 4-Star“, den man vierzig Jahre mit der einen Frage malträtierte, ob er denn nun drin war oder nicht, und der darauf nicht antworten konnte. Helmut Haller hat ihn sich geschnappt, gleich nach dem Schlusspfiff der Verlängerung. Der Haller, der Deutschland im Endspiel gegen England mit 1:0 in Führung brachte. Die englischen Spieler kümmerten sich nicht groß um den Ball, sie hatten schließlich das Spiel gewonnen, das man nie vergessen sollte. Helmut Haller gewann nur einen Ball. Als der Schiedsrichter ihn um den Ball bat, beschied er ihn kühl: „Hättest du besser gepfiffen, würde ich ihn dir geben.“ Haller legte den Ball selbst in dem Augenblick nicht ab, als das deutsche Team nach dem Spiel vor die Queen trat. Haller und einige seiner Mitspieler sollten noch einmal die Chance bekommen, eine Weltmeisterschaft zu spielen. Für Beckenbauer, Seeler und Haller würde es in Mexiko erneut ein denkwürdiges Spiel werden, gegen Italien, und das, nachdem man an England im Viertelfinale Revanche genommen hatte. Für Beckenbauer gab es mit dem Titelgewinn 1974 sogar ein Happy End. Für Haller gab es nur den Ball. Aber niemand vergaß diesen Ball, auch nach 1974 nicht. Geoffrey Hurst hatte 1966 drei der vier Tore gegen Deutschland geschossen. Viele Male noch musste Hurst die eine Frage nach der spielentscheidenden Szene beantworten: „Ich habe immer geglaubt, dass es ein reguläres Tor war.“ Nie aber hat er es mehr geglaubt, mehr gewollt als in den Sekunden nach dem Schuss: „Stellen Sie sich vor, Sie sind 24, sind für den großen Jimmy Greaves in die Mannschaft gekommen, machen erst ihr sechstes Länderspiel, sind in einem Finale, in einem sehr harten Spiel, es steht 2:2 in der Verlängerung, Sie sehen den Ball von der Unterkante der Latte auf den Boden prallen – da wollen Sie nichts so sehr auf der Welt, als dass er hinter der Linie gelandet ist.“ Der deutsche Torhüter Hans Tilkowski sagte immer, der Ball sei eindeutig vor der Linie auf-gekommen. Zwei Ingenieure der Universität Oxford entwickelten 1995 eigens zur Beantwortung der einen Frage ein Computerprogramm. Nicht drin, lautete auch ihre Antwort. Die Spieler von 1966 waren alle noch keine Millionäre. Hurst verdiente im Laufe der Jahre aber vergleichsweise viel Geld mit der immergleichen Antwort, 1000 Pfund pro Interview. Noch 2004, als das Wembley-Stadion abgerissen wurde, wurde ein Stück Rasen verkauft, von der Stelle, wo der Ball damals nach dem Lattenknaller angeblich aufsprang. 20.000 Pfund zahlte der Boss des FC Chelsea für einen guten Zweck. Der Ball lag lange bei Helmut Hallers Sohn Jürgen zu Hause im Bücherregal, bis der ihn schließlich 1996 verkaufte. An Richard Branson und zwei weitere Sponsoren, die den Ball ins National Football Museum in Preston legten. Preston ist ein kleiner Ort in der Nähe von Liverpool, in Preston soll der Fußball erfunden worden sein. Jetzt schweigt der Ball von 1966 also dort, wo alles begann.