WM 1994 | Questra
Austragungsort: USA
Finale: Brasilien 0:0 n.V., 3:2 n.E. Italien
Material: Polyurethan
Herstellungstechnik: handgenäht mit Ventil
Hersteller: Adidas, Herzogenaurach, Deutschland
Besitzer/Standort: Roger Saur, New York City, USA
„Der Fußball wird aus der Haut von Kühen gemacht, die Kuh frisst Gras, deshalb will der Ball immer auf den Rasen fallen“ – so philosophiert der spätere brasilianische Weltmeister von 1994 Carlos Dunga über die Bewegungsgesetze seines Arbeitsgeräts. Freilich besteht der Ball schon seit 1986 nicht mehr aus Leder, sondern aus Plastik, im Fall von „Questra“: Polyurethan in der Außenschicht, darunter eine geschäumte, kompressionsfähige Schicht mit kopfballstoßdämpfenden Eigenschaften. Der Synthetik-Mantel macht „Questra“ bei Regen berechenbarer und widerstandsfähiger. „Questra“ ist die Abkürzung von „Quest for the stars“ und soll an die glorreichen Zeiten der amerikanischen Raumfahrt und die Entdeckung des Weltraums erinnern. Wissenschaftler entdecken in den Neunzigerjahren zunehmend den Fußball als Forschungsgegenstand: Ein vorschriftsmäßig aufgepumpter Fußball besitzt eine Masse von 450 Gramm, einen Umfang von 70 Zentimetern, einen Innendruck von 0,85 Atmosphären. Jeder Bodenkontakt dauert dann etwa acht Millisekunden. 1000 bis maximal 2000 Tritte muss der Fußball während eines Spiels aushalten, auf 1000 Kurzpässe kommen 200 weite. Im Schnitt fliegt er in neunzig Minuten etwa fünfzig Kilometer weit, ein Fußballer mit großem Laufpensum absolviert in einem Spiel gerade mal 14 Kilometer. Nur auf 161 Metern führt er dabei den Ball, 646 Meter läuft er rückwärts, ein Viertel der Strecke geht er in gemächlichem Spaziergängertempo. Weltklassemannschaften brauchen im Durchschnitt 16 bis 30 Angriffe und sieben bis zehn Schüsse für ein Tor. Ballkontakte beim Dribbeln oder Schießen dauern im Schnitt nur 0,01 Sekunden. 100 Ballkontakte pro Spiel erreicht ein Spieler selten. Bei einem Schnitt von 35.000 Ballkontakten im Jahr ist der Fuß weniger als sechs Minuten am Ball. Mit bis zu 125 km/h schießt ein kräftiger Schütze einen Elfmeter. Die Streckmuskeln im Knie des Spielers erzeugen dabei eine Kraft von weit über 200 Kilogramm. Um dem Ball die größtmögliche Beschleunigung mitzugeben, eignet sich der Spannstoß am besten. Je länger das Bein, desto höher die Geschwindigkeit des Fußes. Die verpönte Picke verkürzt die eingebrachte Schusslänge des Beines, das abrupte Abknicken des Unterschenkels bewirkt dabei allerdings eine dreimal größere Beschleunigung des Fußes und macht den Nachteil wett. Mit bis zu 65 km/h verlässt der Ball die Hände bei einem geglückten Einwurf. Der abgebildete Ball ist ein Original-Spielball aus dem Foxboro-Stadion in Foxborough, Massachusetts, USA. Der Ball wurde nach der WM einem Offiziellen übergeben und bei einer privaten Wohltätigkeitsveranstaltung versteigert. Aus welchem von vier möglichen WM-Spielen der Ball stammt, lässt sich nachträglich nicht mehr eruieren. Heute befindet er sich in der Sammlung Roger Saur, New York City.